Der Neubau der Kreisverwaltung Mainz-Bingen

Mehrgeschossiges Holzhybridgebäude mit Brettsperrholz aus Fichte und Brettschichtholz aus Birke als Stecksystem realisiert

Im Rahmen des „Masterplans Klimaschutz – Landkreis Mainz Bingen“ wird das Ziel einer klimaneutralen Verwaltung verfolgt. Bei der Auswahl des Planungsteams wurde ein starker Fokus daraufgelegt, innovative Beiträge zum Klimaschutz in ein Verwaltungsgebäude zu übertragen. Hierbei wurde dann festgelegt, dass die Büroebenen in Holzbauweise errichtet werden sollten, und die Ressourceneffizienz und Zirkularität der Bauteile noch intensiver betrachtet werden sollten.

Da Holz zwar unendlich nachwächst, aber nicht unbegrenzt, ist es ein wertvoller Rohstoff. Damit das gebundene CO2 möglichst lange in einem Stoffkreislauf verbleibt, sollte eine gleichwertige Folgenutzung des Gebäudes und einzelner Bauteile mitgeplant werden. Dies erreicht man wenn die Konstruktion so ausgelegt ist, dass Sie möglichst einfach, ohne größeren baulichen Aufwand einer geänderten Nutzung angepasst werden kann oder wenn einzelne Bauteile und Rohstoffe wiederverwendet werden können.
 

Fokus auf Kreislaufeffektivität und Wiederverwendbarkeit bereits bei der Planung

Visualisierung des Neubaus der Kreisverwaltung Mainz-Bingen

Die Auseinandersetzung mit einer möglichen Zerlegbarkeit, und der Kreislauffähigkeit der verwendeten Rohstoffe und Produkte erfordert Sorgfalt und Reduktion bei der Materialauswahl, sowie eine umfassende Dokumentation aller Bauteile und deren Eigenschaften (digitaler Zwilling im BIM). Mit Hilfe eines gesteckten Tragsystems in Skelettbauweise, bei dem weitestgehend auf metallische Verbindungsmittel und Verklebungen verzichtet wurde, ist es bei diesem Neubau gelungen, diese Kreislaufeffektivität in großem Maßstab mitzudenken. 

Ein Großteil der Holzoberflächen wurden sichtbar belassen und nicht z.B. mit Gipskarton verkleidet. Der weitest gehende Verzicht auf Verkleidungen im Innenausbau spart so wiederum CO2 ein, und wirkt sich am Ende positiv auf eine die sortenreine Trennung der Rohstoffe im Falle eines Zerlegens, also der Wiederverwendbarkeit, aus. Die Tragkonstruktion der Decken ist mit einem Cradle-to-Cradle Zertifikat versehen, und für diese Hybridbauteile gibt es entsprechende Rücknahmegarantien. 
 

Umsetzung in Holzbauweise

Der viergeschossige Neubau wurde letztendlich hauptsächlich in Holzbauweise und damit aus nachwachsenden Rohstoffen errichtet. Die Kreisverwaltung geht so als Vorbild mit gutem Beispiel für andere Verwaltungsgebäude voran. Die Tragkonstruktion (Stützen, Unterzüge) wurden in Brettschichtholz aus Birke, die Decken als hybride Konstruktion in Brettsperrholz aus Fichte ausgeführt. Die vorgehängte Fassade besteht aus einer Holzrahmenkonstruktion mit 200 Einzelelementen, die Deckschicht der vorgehängten Fassade ist in vorgegrauter Weißtanne ausgeführt. Sie soll naturbelassen altern. Insgesamt wurden rund 810 Holzstützen, 790 Holzunterzüge und etwa 7.800 Quadratmeter Holzdecken in der Stärke von 20 Zentimeter im neuen Verwaltungsgebäude verbaut.

Durch einen hohen Vorfertigungsgrad der Holzbauteile konnte die Bauzeit deutlich verkürzt werden, da diese bereits inkl. der Fassadenbekleidung auf der Baustelle ankamen und dort nur noch zusammenmontiert werden mussten. Die Vorfertigung der Wandteile geschah somit parallel zum Massivbau der Tiefgarage und der Treppenhäuser. Die Holztragkonstruktion und die Außenfassade konnten direkt nach Abschluss des Rohbaus montiert werden. Zeitersparnis: bis zu einem Jahr.
 

Leuchtturmprojekt in Sachen Nachhaltigkeit und Klimaschutz

Die Kreisverwaltung setzt mit dem Neubau in Holzbauweise ein Zeichen in Sachen Nachhaltigkeit und Klimaschutz, denn das KfW55-Gebäude erfüllt einen hohen energetischen Standard: Es benötigt nur 55 Prozent der Energie eines konventionellen Neubaus – damit werden fast 200 Tonnen CO2 im Jahr eingespart. Die Heizung wird über Kraft-Wärme-Kopplung mittels einer Holzpellet-Anlage geregelt. Heiz-/Kühl-Deckensegel sorgen für ein ausgewogenes Raumklima in den Büroräumen.

Im August 2023 sind zunächst 220 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kreisverwaltung Mainz-Bingen in den Neubau des Verwaltungsgebäudes in Ingelheim eingezogen. Notwendig wurde der Neubau, weil durch die immer weitere Übertragung an Aufgaben die Belegschaft der Kreisverwaltung stetig wächst – derzeit sind mehr als 1400 Personen beim Landkreis beschäftigt. Im Neubau werden am Ende mehr als 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Platz finden. Im Frühjahr 2024 wird der Neubau nach Fertigstellung der Außenanlagen im Rahmen einer Feierstunde eingeweiht.  

Das rheinland-pfälzische Klimaschutzministerium unterstützt den Neubau des nachhaltigen und klimafreundlichen Verwaltungsgebäudes mit rund 200.000 Euro. 
 

Steckbrief:

Bauherr: Kreisverwaltung Mainz-Bingen

Standort: Ingelheim

Tragwerksplaner: Fast+ Epp GmbH

Architekten: LPH 1-3: Mitarbeitende der KV Mainz Bingen; Architekten Höhlich & Schmotz PartG mbB (jetzt Canzler)

Beteiligte Holzbauunternehmen: Hasslacher Timber, Rubner Ingenieurholzbau und Derix Holzbau

Verbaute Holzmenge: ca. 2.100 m³ (entspricht ca. 2.000t gespeichertes CO2)

Baujahr: 2021-2023

Einweihung: Frühjahr 2024

Projektziele:

  • Realisierung des Verwaltungsgebäudes in Holzbauweise und damit aus nachwachsenden und regional verfügbaren Rohstoffen 
  • 200 Tonnen CO2-Einsparung/Jahr durch einen hohen energetischen Standard und ein intelligentes Heiz-/Kühlsystem
  • Holzbauprojekt mit Vorbildcharakter für andere Kommunen 

Gefördert durch: 

  • Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität (MKUEM) Rheinland-Pfalz

Weitere Informationen: