Nachhaltig, energieeffizient, innovativ – der Energie- und Technikpark Trier

Nachhaltiges Bauen gewinnt bei öffentlichen Bauherren zunehmend an Relevanz und Zuspruch. Die Stadtwerke Trier haben sich dazu entscheiden, das 45.000m² große Gelände einer stillgelegten Kartonagenfabrik zum neuen, nachhaltigen Gewerbegebiet, dem „Energie- und Technikpark Trier“, zu entwickeln. Besonderer Wert wurde dabei auf den Erhalt, die Sanierung und den Umbau des vorhandenen Gebäudebestands gelegt, die Themen „Energieeffizienz“ und „Einsatz nachwachsender und kreislaufeffizienter Baustoffe“, wie z.B. Holz und Recyclingbeton, spielten bei der Umsetzung dieser sehr anspruchsvollen Bauaufgabe eine zentrale Rolle. Christian Reinert ist Architekt bei den Stadtwerken Trier und begleitete das Projekt von der Planung bis zur Umsetzung. Er stellt das CO2-neutrale und energieautarke Vorreiterprojekt vor und berichtet im Interview von der Entwicklung, Förderung und spannenden Erkenntnissen.

Christian Reinert während einer Führung durch den Energie- und Technikpark Trier

Herr Reinert, wie kam es dazu, dass Sie für den Energie- und Technikpark (ETP) Trier und den neuen Standort der Stadtverwaltung Trier einen alten Industriestandort umgenutzt haben?

Christian Reinert: 2013 hatten wir die Möglichkeit eine stillgelegte Papierverarbeitungsfabrik am Trierer Stadtrand in unmittelbarer Nähe zur Autobahn zu erwerben. Die Größe und die Lage des Geländes waren für uns ideal. Zum einen, weil es in direkter Nachbarschaft zu unserem Hauptklärwerk liegt und sich dadurch Vorteile in der Erschließung und Energieversorgung ergaben. Denn unser Hauptklärwerk arbeitet nicht nur selbst energieneutral, sondern versorgt zusätzlich den Energie- und Technikpark mit regenerativem Strom und Wärme.  Zum anderen, weil es mit einer Gesamtgröße von ca. 33.000 m² ausreichend Platz für unsere technischen Betriebe bietet. Deren vorheriger Standort in Innenstadtlage stieß an seine Grenzen und soll im Rahmen von nachhaltiger Stadt- und Quartiersentwicklung anders genutzt werden.

Da auch die Stadtverwaltung auf der Suche nach einem neuen Zuhause für ihre technischen Einheiten war, haben wir die Idee eines gemeinsamen Betriebshofes entwickelt. Er schafft nicht nur bessere Arbeitsbedingungen für die Mitarbeitenden, sondern ermöglicht auch viele Synergien zwischen Stadtverwaltung und Stadtwerken. Zum Beispiel einen gemeinsamen Materialeinkauf, einen gemeinsamen Fuhrpark, gemeinsame Sozialbereiche wie eine große Kantine sowie gemeinsame Werkstattbereiche.

Wie haben Sie eine Strategie für die Energie- und Haustechnikplanung entwickelt?

Christian Reinert: Für die Entwicklung des ETP – genauso wie auch für alle unsere anderen Sparten in unserer Unternehmensgruppe – gilt folgende Strategie:  Wir stellen jeglichen Energieeinsatz auf den Prüfstand und setzen energieeffiziente Technik oder intelligente Steuerung ein, um den Verbrauch zu optimieren. Gleichzeitig bauen wir die eigene Energieerzeugung konsequent aus, um den Fremdbezug zu reduzieren. Das minimiert die Kosten, stärkt unsere Kompetenz als Dienstleister und entlastet die Umwelt. Und schließlich setzen wir auf künstliche Intelligenz, um Verbrauch und Erzeugung flexibel zu steuern und bestmöglich aufeinander abzustimmen.

Konkret am Beispiel des ETP bedeutet das: Nachhaltige Bauweise und effiziente Haustechnik für die Gebäudeplanung, Energieversorgung mit Überschussenergie aus dem Hauptklärwerk, einer eigenen PV-Anlage auf den Gebäuden und ein Künstlich Neuronales Netz (Künstliche Intelligenz), in Anbindung an das Prozessleitsystem, das in Echtzeit Erzeugung und Verbrauch, sowohl im Hauptklärwerk als auch im Energie- und Technikpark, ausregelt.

Der Energie- und Technikpark Trier

Welche Förderprogramme konnten Sie für den Bau und Umbau des ETP in Anspruch nehmen?

Christian Reinert: Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) förderte im Rahmen des Ziels „Investitionen in Wachstum und Beschäftigung (IWB)“ in der Förderperiode 2014-2020  die Elektromobilität des ETPs, vorbehaltlich der positiven Prüfung des Schlussverwendungsnachweises.  Für das nachhaltige Holz-Carport erhielten wir finanzielle Unterstützung aus dem Programm „Klimabündnis Bauen in Rheinland-Pfalz“ vom rheinland-pfälzischen Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität. Grundlage für den Bau war ein Forschungsprojekt der Hochschule Trier unter der Leitung von Herrn Professor Dr. Wieland Becker, in dem Forschende und Studierende die verstärkte Nutzung von bislang als „nicht sägefähig“ bezeichnetem Rundholz (Schwachholz) untersucht haben. Ich bin sehr dankbar für die gute Zusammenarbeit mit der Hochschule Trier und das überzeugende Ergebnis. Nach drei Monaten Bauzeit konnten wir das Carport in Betrieb nehmen. Es bietet Platz für insgesamt 27 Betriebsfahrzeuge der Stadt und den Stadtwerken. Für unsere DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) Zertifizierung, nach dessen nachhaltigen Vorgaben wir das Betriebsgelände entwickelten, erhielten wir zudem eine Projektförderung vom Land Rheinland-Pfalz. Zuletzt wurde der Austausch der Hallenbeleuchtung von der Nationalen Klimaschutzinitiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert.

Welche Rolle spielten die Themen Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und der Einsatz von nachwachsenden und kreislaufeffizienten Baustoffen bei Ihrem Projekt ?

Christian Reinert: Ein zentraler Baustein in der Konversion der Industriebrache war auch das nachhaltige energieeffiziente Bauen als grundlegendes Element und dies in Anlehnung an das Cradle to Cradle® Prinzip und damit das Denken in Kreisläufen. Aus Klima- und Ressourcensicht war es wichtig, den Gebäudealtbestand möglichst zu erhalten, zu sanieren und für die neuen Nutzeranforderungen und -zwecke zu ertüchtigen.

Der Baustoff Holz ist hervorragend geeignet, um die ehemals großen Hallen der Papierverarbeitungsfabrik mit vorgefertigten Raum-in-Raum-Modulen neu aufzuteilen und die Nutzung als Büro-, Verwaltungs- und Werkstattflächen zu ermöglichen. Gleichzeitig konnten wir aufgrund des Vorfertigungsgrades die Bauzeit deutlich verringern.

Beim Bau der Stellplatzüberdachungen für den großen Fuhrpark wurden erstmalig auch Schwachhölzer, d.h. bis dato als nicht sägefähig eingeordnete Rundhölzer, verstärkt genutzt. Mineralische Baustoffe wurden unter dem Einsatz von Recycling-Material produziert. Das gilt auch für die Gebäudefassaden, die zudem konstruktiv die zukünftige Recyclingfähigkeit ermöglichen.  

Im Ergebnis ist es uns so gelungen, die Bestandshallen an unsere Anforderungen anzupassen, statt CO2-intensive Neubauten durchzuführen.

Ein Blick ins Innere des Energie- und Technikparks Trier

Was möchten Sie bei zukünftigen Projekten anders machen?

Christian Reinert: Wir haben uns im Rahmen der Projektierung sehr stark auf die Themen nachhaltiges Bauen im Bestand und CO2-neutrale Energieversorgung konzentriert. Der ETP ist für uns auch als Blaupause für unsere zukünftigen Quartiersentwicklungen gedacht. Um weitere Potentiale zu nutzen, möchten wir künftig Themen wie z.B. einem modernen Regenwassermanagement, beispielsweise das Schwammstadt-Modell, das begrünte Speicherflächen im Straßenraum und auf Dächern vorsieht, noch mehr Beachtung schenken als bisher. Darin sehen wir eine vielversprechende Chance. 

Welchen Hinweis können Sie anderen öffentlichen Auftraggebern zum Thema Kosten und Vergabe geben?

Christian Reinert: Ich kann anderen öffentlichen Bauherren nur empfehlen, die Freiheiten des Vergaberechts zu nutzen und auch immer die Marktsituation zu beobachten. Wir mussten aufgrund von Liefer- und Handwerker-Engpässen oftmals flexibel reagieren, um die Kosten- bzw. Zeitpläne zu halten

Das Holz für die gewerblichen Solarcarports stammt aus der Region und trägt das Label „Holz von Hier“. Halten Sie das Label für eine gute Sache? Sehen Sie darin Potenzial auch für größere Bauaufgaben?

Christian Reinert: Das Label ist auf jeden Fall eine gute Sache. Wir überlegen uns sogar im Nachgang unser Holz-Carport im Energie- und Technikpark zertifizieren zu lassen. Es ist ja bereits vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität des Landes Rheinland-Pfalz gefördert worden.

Das Holz der Module stammt aus den Wäldern rund um Trier und wurde in einem lokal ansässigen Holzwerk verarbeitet. So stellen wir uns regionale Wertschöpfung vor. Und das alles, obwohl wir als öffentlicher Auftraggeber agiert haben. Neben dem Preis wurde auch die CO2-Bilanz der Logistik bewertet. Dieses Potential möchten wir auch für unsere zukünftigen Bauprojekte nutzen.

 

Weiterführende Infos

Mehr Informationen zum Energie- und Technikpark finden Sie auf der Website der SWT Stadtwerke Trier.