Oliver Mühmel: "Brettsperrholzprodukte werden auch zukünftig eine tragende Rolle spielen."
Oliver Mühmel ist Geschäftsführer der Holzwerke van Roje GmbH. Das Unternehmen in Oberhonnefeld-Gierend im Westerwald zählt zu den führenden Nadelholz-Sägewerken in Europa. Neben einem Säge- und Pelletwerk betreiben die Holzwerke van Roje seit 2022 am gleichen Standort ein neues hochmodernes Brettsperrholz-Werk und fertigen unter dem Namen CROSS-WORKS Holzbauelemente für private, gewerbliche und kommunale Bauprojekte. Im Interview spricht Oliver Mühmel über die Potenziale von Brettsperrhölzern im Baubereich, über den Schutz der heimischen Holzressourcen und einen besseren Wissensaustausch zwischen Planern, Kommunen und der Holzwirtschaft.
Herr Mühmel, Sie sind Geschäftsführer der Holzwerke van Roje GmbH. Wie lange gibt es das Unternehmen schon und wie hat sich Ihr Produktportfolio in den letzten Jahrzehnten entwickelt?
Oliver Mühmel: „Die Firma van Roje wurde 1929 von meinem Großvater Ignatz van Roje als Grubenholzhandel in Neuwied gegründet und produzierte und transportierte damals Holzpfähle für die umliegenden Ton- und Erzgruben. In den 1960er-Jahren stieß dann mein Vater als ausgebildeter Sägewerksmeister hinzu und begann mit dem Aufbau eines ersten Sägewerkes zur Herstellung von Bauhölzern. Da es in Neuwied keinen Platz mehr für eine Erweiterung gab, folgte 1996 der Umzug des Betriebs an den heutigen Standort in Oberhonnefeld-Gierend. Hier wurde das Sägewerk quasi auf der grünen Wiese nochmal komplett neu aufgebaut und in den Jahren danach kontinuierlich erweitert. Im Jahr 2008 wurde das Sägewerk z.B. durch den Bau eines Pellet- und eines Biomasseheizwerks ergänzt, 2022 wurde unser hochmodernes Brettsperrholz-Werk eingeweiht. Unsere Produktpalette hat sich in den letzten Jahrzehnten also vom ursprünglichen Grubenholz über das Bauholz hin zum Konstruktions- und Verpackungsholz (z.B. für Paletten, Transportkisten oder Kabeltrommeln), der Produktion von Holzpellets sowie seit 2022 nun auch die Produktion von Brettsperrholz, also massive, großformatige Wand- und Deckenelemente, entwickelt. Heute hat der Betrieb rund 200 Mitarbeitende und verarbeitet jährlich circa 400.000 Festmeter an Nadelrundholz.“
Im September 2022 haben Sie ein neues Brettsperrholzwerk eröffnet. Wie kam es zu diesem Expansionsschritt?
Oliver Mühmel: „Wir hatten in den letzten 15 Jahren immer wieder überlegt, in welche Richtung sich das Unternehmen weiterentwickeln kann. Es gab jedoch wenig Endprodukte, die wir aus dem verfügbaren Rund- und Schnittholz selbst erzeugen und vermarkten konnten. Wir hatten z.B. mal kurz über die Produktion von Konstruktionsvollholz nachgedacht, mussten dann jedoch feststellen, dass die Qualität der regionalen Hölzer aus dem Westerwald nicht ausreichend ist und wir dafür erst qualitativ hochwertiges Holz teuer von außerhalb hätten beschaffen müssen. Vor vier Jahren haben wir uns dann intensiv mit der Planung einer Anlage zur Produktion von Brettsperrholz beschäftigt. Durch den Trend hin zum mehrgeschossigen Holzbau war zudem eine positive Marktentwicklung und eine steigende Nachfrage nach diesem Produkt erkennbar. Für uns ist das Produkt Brettsperrholz aber vor allem deshalb so interessant, weil wir darin viele Vorprodukte, die wir als Sägewerk herstellen, selbst verarbeiten können. Deshalb war der Bau eines eigenen Brettsperrholz-Werkes nur eine logische Entscheidung.“
Das neue Werk gilt als eines der modernsten und ressourceneffizientesten in Europa. Was ist das Besondere an der neuen Produktionsanlage?
Oliver Mühmel: „Die Besonderheit der neuen Anlage besteht darin, dass sie optimal in das bestehende Sägewerk integriert wurde. Das bedeutet, dass bereits im Zuschnitt der Vorprodukte, die für Brettsperrholzelemente (BSP) benötigt werden, darauf geachtet wird, dass wenig Ausschussware und Holzreste anfallen. Punktuelle Fehlstellen in Holzbrettern werden von einem Scanner erkannt und automatisch herausgeschnitten, sodass auch Bretter die nicht durchgängig eine gute Qualität aufweisen zur Weiterverarbeitung genutzt werden können. Hölzer, die woanders aussortiert werden, können durch unsere Anlage also wieder in Wert gesetzt und letztlich für die Produktion von qualitativ hochwertigen BSP-Elementen verwendet werden. Auch die Fenster- und Türausschnitte von einer fertigen BSP-Wand werden im Werk wiederverwertet und der Produktion erneut zugeführt. Somit kann nochmals 10-15 Prozent Restholz, welches bei der Produktion anfällt ressourcenschonend wiederverwendet werden. Insgesamt ist die Anlage auf eine Produktionsmenge von rund 100.000 Kubikmetern im Jahr ausgelegt.“
Wie sind Brettsperrholzelemente aufgebaut und welche Eigenschaften besitzen sie?
Oliver Mühmel: „Der Begriff Brettsperrholz steht für massive, großformatige Wand- und Deckenelemente. Für die Produktion dieser Elemente nutzen wir ausschließlich Nadelhölzer – 90-95 Prozent bestehen aus Fichte, der Rest aus Douglasie und Lärche. Die Produktion erfolgt sortenrein, d.h. es werden keine unterschiedlichen Holzarten miteinander gemischt. Dabei werden einzelne Holzbretter erst zu größeren Schichtplatten verbunden und im Anschluss immer mindestens drei dieser Schichtplatten kreuzweise miteinander verleimt. Dieser Aufbau macht Brettsperrholzprodukte besonders tragfähig und formstabil.“
Welche (konstruktiven) Stärken besitzt der Massivholzbau mit Brettsperrhölzern im Vergleich zum klassischen Holzrahmenbau?
Oliver Mühmel: „Brettsperrholzelemente können hohe Lasten tragen. Aus diesem Grund eignen sie sich ideal für den Einsatz im mehrgeschossigen Holzbau. Ein weiterer Vorteil ist der hohe Vorfertigungsgrad. Unsere Wand- und Deckenelemente werden baustellenfertig angeliefert, auf Wunsch bereits mit den vorbereiteten Installationsfräsungen. Sogar viele Zimmerleute, die ja eher vom klassischen Holzrahmenbau kommen, greifen immer öfter auf unsere vorgefertigten und „baustellenfertigen“ Wand- und Deckenelemente zurück, weil sie diese nur noch montieren müssen und somit mehr Zeit für weitere Kunden und Aufträge haben.“
Wo werden BSP-Elemente aktuell eingesetzt und wo lassen sich diese zukünftig einsetzen?
Oliver Mühmel: „Brettsperrholzelemente sind vielfältig einsetzbar: als tragende und nichttragende Wand-, Dach- und Deckenelemente, im Einfamilienhaus, mehrgeschossigen Wohnungsbau oder in Industriebauten. In diesem Jahr haben wir z.B. einen großen Auftrag für den Bau eines Logistik-Frachtzentrums erhalten, wir haben aber auch schon eine Garage oder eine Sauna aus Brettsperrholz gefertigt. Es kommen auch vermehrt Anfragen aus dem kommunalen Bereich, wenn z.B. Kitas oder Schulen gebaut werden. In der Stadt Gießen entsteht aktuell ein Wohnheim mit rund 160 Appartements, die aus unseren Brettsperrholelementen gebaut werden.“
Welches Entwicklungspotenzial sehen Sie bei Brettsperrhölzern in den nächsten Jahren?
Oliver Mühmel: „Ich denke, dass Brettsperrholzprodukte auch in Zukunft eine tragende Rolle im modernen und vor allem mehrgeschossigen Holzbau spielen werden. Uns muss jedoch auch klar sein, dass unsere Holzressourcen nicht unbegrenzt sind. Deshalb muss auch das Thema Materialeinsparung und Ressourceneffizienz bei der Produktion von Holzbauelementen stärker in unseren Fokus rücken. Wir bei van Roje versuchen hier mit unserer modernen Fertigungsanlage zu zeigen, wie das gelingen kann. Einen zukünftigen Einsatz von Laubhölzern im Brettsperrholzbereich halte ich für schwierig. Laubholz hat zu viele Nachteile, ist komplex und teuer in der Verarbeitung, begrenzt verfügbar und zudem gibt es auch noch keinen Markt für Brettsperrhölzer aus Laubholz.“
Was müsste sich politisch verbessern, damit zukünftig noch mehr Bauprojekte mit nachwachsenden und nachhaltigen Rohstoffen umgesetzt werden können?
Oliver Mühmel: „Mein größter Wunsch ist, dass sich die Politik dafür einsetzt, dass auch in Zukunft eine sichere und ausreichende Bereitstellung des Rohstoffs Holz aus heimischen Wäldern gewährleistet ist. Unsere Wälder haben bereits sehr unter den negativen Folgen des Klimawandels gelitten und zuletzt wurde viel gutes heimisches Holz in andere Länder verkauft und exportiert, weil dort höhere Preise gezahlt wurden. Dies ist aber zu kurzfristig gedacht, da uns heimischen, holzverarbeitenden Betrieben dadurch der Rohstoff fehlt. Hier sollte das Land durch bessere Rahmenbedingungen gegensteuern und nicht alles dem freien Markt überlassen.
Beim Thema Bauen halte ich es für wichtig, dass vor allem kommunale Entscheidungsträger:innen noch besser über die Eigenschaften, Einsatzgebiete und Potenziale von Holzbauelementen, wie z.B. Brettsperrhölzer, informiert werden. Der moderne Holzbau kann bereits viel mehr als die Mitarbeitenden in den Genehmigungsbehörden wissen und der Brandschutzbeauftragte ihm zutraut. Neben einer finanziellen Förderung halte ich deshalb eine Förderung des Wissensaustauschs für wichtig. Bei der Ausschreibung öffentlicher Bauprojekte sollte zudem die Klimaneutralität von Gebäuden als verbindliches Vergabekriterium mit aufgenommen werden.“
Anmerkung der Redaktion: Die Stärkung regionaler Stoffkreisläufe und die Förderung kurzer Transportwege sind wichtige Maßnahmen im Konzeptpapier des Klimabündnis Bauen. Durch die Einführung eines Umweltlabels und eine gezielte Ansprache der Kommunen, der holzbe- und verarbeitenden Betriebe sowie der Waldbesitzenden in Rheinland-Pfalz soll in den nächsten Jahren ein regionales Netzwerk zur Bereitstellung und Nutzung von Holz entstehen. Weitere Infos dazu finden Sie in Kürze auf dieser Webseite.
Weiterführende Infos
Mehr Informationen zur Herstellung und den Einsatzmöglichkeiten von Brettsperrholzprodukten finden Sie auf der Webseite der Firma van Roje.
Wie schnell und einfach ein Doppelhaus aus vorgefertigten Brettsperrholzelementen errichtet wird, zeigt dieses Video.