Erleichterungen durch die Änderung der Landesbauordnung Rheinland-Pfalz

Der stetig steigende Bedarf an Wohnraum und die Notwendigkeit, möglichst nachhaltig zu bauen, betrifft auch das Bauordnungsrecht der Länder. In Rheinland-Pfalz hat der Ministerrat am 29. April 2025 den Entwurf eines Ersten Landesgesetzes zur Änderung baurechtlicher Vorschriften  beschlossen. Die dortigen Änderungen der Landesbauordnung Rheinland-Pfalz (LBauO) zielen im Wesentlichen darauf ab, die Schaffung von Wohnraum im Bestand schnell zu erleichtern. Zudem trat bereits am 4. Januar 2025 das Landesgesetz zur Änderung bauordnungs- und berufsqualifikationsrechtlicher Vorschriften in Kraft, mit dem die sogenannte kleine Bauvorlageberechtigung eingeführt wurde. Wesentliche Erleichterungen für den Holzbau brachten schließlich die Bekanntmachung der aktuellen Muster-Holzbau-Richtlinie als Technische Baubestimmung am 28. Februar 2025 (VV TB RP) und eine Ergänzung der VV TB RP, mit der Schallschutzanforderungen bei der Schaffung von Wohnraum in Bestandsgebäuden abgesenkt werden.

Doris Ahnen, die rheinland-pfälzische Finanzministerin, spricht in unserem Interview über geplante und bereits umgesetzte Maßnahmen, um das Bauen im Bestand zu erleichtern und den Neubau zu fördern.

Was sind die Beweggründe für die aktuellen Änderungen im Bauordnungsrecht?
Wir wollen die schwierige Situation auf dem Wohnungsmarkt und die angespannte Lage in der Bau- und Immobilienwirtschaft durch vielfältige Maßnahmen schnell und nachhaltig verbessern. Wir brauchen schnellere Verfahren, mehr Digitalisierung und weniger Bürokratie. Damit dies nachhaltig und möglichst einheitlich in allen Bundesländern gelingt, haben der „Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung“ und das „Bündnis für bezahlbaren Wohnraum“ Maßnahmen erarbeitet. Umgesetzt werden sie auch über Beschlüsse der Bauministerkonferenz zur Musterbauordnung, die den Ländern zunehmend als Vorbild für ihre Bauordnungen dient. Das wollen wir in Rheinland-Pfalz schnell einführen.

Wo sehen Sie die Schwerpunkte?
Wir müssen sowohl das eigentliche Bauen erleichtern als auch den Verwaltungsaufwand reduzieren. Wesentlich ist es, das Bauen im Bestand zu fördern. Hier liegt – zum Beispiel in der Aufstockung – hohes Potenzial, um schnell und günstig Wohn-raum gerade in Ballungsräumen zu schaffen. Aber auch der Neubau braucht mehr Flexibilität, um neue, einfache Bauformen zu etablieren.

Mit Blick auf den Holzbau: Welche Maßnahmen sind bereits umgesetzt und wirksam?
Entscheidend ist aktuell, dass die Muster-Holzbau-Richtlinie 2024 in Rheinland-Pfalz bereits seit Februar 2025 als Technische Baubestimmung gilt. Sie bringt deutliche, praxisrelevante Erleichterungen für die Holzbauweise. Relevant ist auch, dass die Technischen Baubestimmungen seit Februar 2025 die Schallschutzanforderungen reduzieren, wenn im Bestand Wohnraum geschaffen wird, etwa durch Wohnungsteilungen oder den Ausbau des Dachgeschosses. Und schließlich wurde 2025 die kleine Bauvorlageberechtigung u. a. für Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeister der Fachrichtung Zimmererfach eingeführt. Wenn sie über zwei Jahre Berufserfahrung verfügen und an einem Lehrgang von mindestens 60 Stunden teilgenommen haben sowie eine entsprechende Haftpflichtversicherung vorweisen, können sie Bauvorlagen für bestimmte Wohngebäude erarbeiten. Dies ist ein richtiger Schritt, der in besonderer Weise der Qualifikation berufserfahrener Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeister sowie Technikerinnen und Technikern Rechnung trägt.

Und welche konkreten Erleichterungen wollen Sie mit der Änderung der LBauO schaffen?
Im Gesetzentwurf der Landesregierung geht es um Baumaßnahmen im Bestand, also etwa den Aus- oder Umbau, Anbauten – auch eines Aufzugs –, Aufstockungen bis hin zum Ersatzneubau an gleicher Stelle. Die Erleichterungen beziehen sich inhaltlich auf die Abstandsflächen, brandschutzrechtliche Anforderungen und die Herstellung notwendiger Stellplätze. Verfahrensmäßig wird das Freistellungsverfahren ausgeweitet auf den Dachgeschossausbau inklusive Dachgauben im unbeplanten Innenbereich. Und der Spielraum für Abweichungsentscheidungen der Bauaufsichtsbehörden wird in Form einer Soll-Vorschrift erweitert; sie bezieht sich jetzt ausdrücklich auf die Weiternutzung bestehender Gebäude, die Energieeinsparung und Nutzung erneuerbarer Energien sowie auf die Erprobung neuer Bauformen. Der letzte Punkt betrifft den aktuell viel diskutierten Gebäudetyp E, der damit im öffentlichen Baurecht etabliert wird. Wichtig wird es sein, hier auch bald eine tragfähige zivilrechtliche Regelung im Bund zu schaffen, um einfaches, effizientes und experimentelles Bauen vertrags- und haftungsrechtlich deutlich zu erleichtern („Gebäudetyp-E-Gesetz“). Der neue Koalitionsvertrag sieht das vor. 



Enthält das geplante Gesetz sonst Veränderungen, die nachhaltiges Bauen fördern?
Weiter vereinfacht werden Maßnahmen, die der Energieeinsparung und der Nutzung erneuerbarer Energien dienen. Das betrifft etwa die Dämmung in Abstandsflächen und auch Verfahrenserleichterungen für Solaranlagen und moderne Heizsysteme (Wasserstoff, Brennstoffzellen). Angesprochen habe ich schon die Erleichterungen bezüglich der Herstellung notwendiger Stellplätze, hier können alternative Mobilitätskonzepte die Stellplatzfrage entschärfen. Und auch die möglichst leichte Errichtung von Ladestationen für E-Autos haben wir im Blick.

Gibt es schließlich Neuerungen, die für Bauherrinnen und Bauherrn und ihre Planerinnen und Planer allgemein von Bedeutung sind?   
Ja. Neben der schon geltenden Erweiterung der Bauvorlageberechtigung – auch über die erwähnten Handwerksmeisterinnen und -meister hinaus – möchte ich hier die Digitalisierung nennen. Der digitale Bauantrag ist in Trier schon erfolgreich eingeführt, die anderen unteren Bauaufsichtsbehörden werden folgen. Damit zusammen hängt die geplante Neuerung, dass Bauanträge für genehmigungspflichtige Vorhaben künftig direkt bei den Genehmigungsbehörden eingereicht werden und nicht mehr wie bisher erst bei den Gemeindeverwaltungen. Und die Bescheide müssen dann nicht mehr zwingend zugestellt werden, sondern sie können durch Nutzung der Bund-ID mit einem Postfach für alle Bürgerinnen und Bürger abgerufen werden. Schließlich straffen wir das vereinfachte Genehmigungsverfahren mit klaren zeitlichen Rahmenbedingungen für die Fiktion der Baugenehmigung. In der Gesamtschau wollen wir das Bauen schnell erleichtern und Bürokratie und Kosten senken. Dabei steht der Gebäudebestand wie von vielen Expertinnen und Experten befürwortet im Fokus.

Weiterführende Infos

Informationen zur Novellierung der Landesbauordnung Rheinland-Pfalz (LBauO) finden Sie hier.

Einen Einblick in die technischen Baubestimmungen der Landesbauordnung Rheinland-Pfalz (LBauO) gibt es hier.