Energiesparen im Passivhaus

Jutta und Albert Dietz beschlossen vor rund 15 Jahren, ein Passivhaus in Niederdürenbach im Kreis Ahrweiler zu bauen, um möglichst energieeffizient zu wohnen. Das Haus besteht aus einem Betonfundament mit Keller und einem Bungalowaufbau aus Holz. Im Interview berichtet Albert Dietz von den Erfahrungen aus der Bauphase und dem Leben und Arbeiten im Passivhaus.

Die Bauherren, Jutta und Albert Dietz, im Garten ihres Passivhauses.

Herr Dietz, Sie haben vor rund 15 Jahren beschlossen, Ihr Wohnhaus in Passivbauweise zu bauen. Was war damals Ihre Motivation?

Albert Dietz: Wir haben einen Bekannten, der selbst Architekt ist und uns von seinem Passivhaus vorgeschwärmt hat. Außerdem engagieren wir uns seit Jahrzehnten für Umwelt- und Klimaschutz und wollten schon damals möglichst energiesparend leben. Denn, was viele heute erst sehen, war uns damals schon klar: Fossile Energie ist endlich und zu schade zum Verbrennen. Deshalb war damals schon unser Gedanke, möglichst wenig Energie zu verbrauchen. Also nicht einfach nur die Art der Energiequelle zu verändern, sondern wirklich den Umsatz zu minimieren. Und so sind wir dann auf ein Passivhaus gekommen.

Was sind die Besonderheiten der Passivhaus-Bauweise?

Albert Dietz: Bei einem Passivhaus steht die Energieersparnis beim Heizen im Mittelpunkt. Das bedeutet, dass es möglichst gut gedämmt und luftdicht gebaut sein muss und zugleich möglichst viel Umweltenergie, vor allem durch die Sonne, nutzt. So geht so wenig Energie verloren und eine separate Gebäudeheizung ist nicht erforderlich.
Die Dichtigkeit des Hauses sorgt dafür, dass keine Wärme verloren geht. Für die kontrollierte Frischluftzufuhr sorgt daher eine Komfort-Lüftungsanlage - die Luftqualität ist damit im ganzen Haus immer auf höchstem Niveau. Da der Luftaustausch für alle Räume über einen zentralen Wärmetauscher vonstattengeht, bleibt dabei sogar die Energie im Haus.

Können Sie kurz beschreiben, wie die Planung und der Bau Ihres Hauses abliefen?

Albert Dietz: Wir haben zunächst nach einem Architekten gesucht, der unsere Wünsche auch umsetzen kann. Schließlich haben wir uns für ein Team aus zwei Architekt:innen entschieden. Diese sagten uns, dass wir ein Grundstück mit Südausrichtung benötigen, da wir die Energie der Sonne möglichst gut nutzen müssen. Die Suche und der Kauf eines Grundstücks haben dann rund ein Jahr gedauert.

Als das Grundstück gefunden war, konnte das Architektenteam mit der Planung beginnen. Man muss natürlich auch auf vieles achten: Was ist auf dem Grundstück überhaupt möglich? Wie ist die Ausrichtung? Wie sind die rechtlichen Vorschriften? Soll es einen Keller geben? Wie ist die Raumaufteilung? Welche Kosten ergeben sich aus all diesen Entscheidungen?

Zu Anfang konnten wir selbst erst einmal sehr wenig machen, weil die Planungsphase eines Passivhauses sehr lang ist. Das Haus wird praktisch am Reißbrett vollständig fertiggestellt und im Holzbau vorgefertigt. Nachdem die Kellerdecke fertig war, ging es aber ganz schnell: Morgens sieht man nur den Boden, abends steht da ein Haus. Eine lustige Anekdote: Unsere Nachbarin war zu dieser Zeit hochschwanger und ist morgens in die Entbindungsklinik gefahren. Als sie abends mit ihrem Neugeborenen nach Hause kam, war unser Haus fertig gestellt. Danach folgte natürlich noch der Innenausbau, den wir auch teilweise in Eigenregie gemacht haben. Ein halbes Jahr später konnten wir dann in unser neues Passivhaus einziehen.

Blick auf das Passivhaus von der Straße aus

Was ist das Besondere am Leben im Passivhaus?

Albert Dietz: Vor allem die Komplexität des Heizens mussten wir erst einmal lernen. Unser Haus ist auf eine Raumtemperatur von 20 °C angelegt. Alles darüber müssen wir „zuheizen“. Das geht bei uns über Strom, da das die einzige Energiequelle ist, die wirklich regenerierbar ist. Ansonsten haben wir beispielsweise Flächenheizkörper unter unseren Schreibtischen. Wir heizen also nur dort, wo wir auch wirklich Wärme benötigen. Wegen der Holzwände können wir die Räume aber auch sehr schnell aufwärmen. Selbst nach der Rückkehr aus einem Urlaub, haben wir innerhalb eines Tages wieder über 20 °C im Haus. Wir haben festgestellt, dass der Wohnkomfort in einem Passivhaus eine ganz andere Dimension hat als in einem herkömmlichen Haus. Davor haben wir in einem gut gedämmten Steinhaus gewohnt, aber der Komfort einer Lüftungsanlage und immer warme Holzwände war uns damals noch nicht bewusst. Jetzt können wir uns gar nicht mehr vorstellen, in einem anderen Haus zu wohnen.

War der Bau Ihres Hauses damals teurer als mit der herkömmlichen Bauweise? Wie sieht es auf lange Sicht aus: Wie viel Energie/Geld haben Sie durch die Passivbauweise über die Jahre gespart?

Albert Dietz: Damals hieß es immer, dass das Haus ungefähr 3-5 % mehr kostet als ein Haus in konventioneller Bauweise. Aber das ist natürlich nur ein grober Schätzwert, denn es gibt ja nie das exakt selbe Haus in der herkömmlichen Bauweise zum Vergleich. Unser Haus war damals weder ein Schnäppchen noch hat es exorbitant viel gekostet. Allerdings wurde unser großer Balkon mit Stahlarmierung relativ teuer, weil der Stahlpreis damals sehr hoch war. Ohne diesen Luxus wäre das Haus ein gutes Stück günstiger gewesen. Weil die Energiepreise für Öl und Gas zunächst stabil blieben, haben wir hier nicht viele Kosten gespart. Bis heute würde ich sagen, dass wir mit der herkömmlichen Bauweise in etwa gleichauf liegen.

Wir haben vorher in einer Doppelhaushälfte gewohnt. Dort haben wir pro Jahr ungefähr 13.000 kWh bei 100 m² für das Heizen verbraucht. In den ersten Jahren im 176 m² Passivhaus, in dem ein Viertel  der Fläche für Büros genutzt wird, haben wir ungefähr 3.000 kWh für die Heizung gebraucht. Die Kosten hängen natürlich vom Energieträger ab. Da wir mit verhältnismäßig teurem Strom heizen, sind unsere Kosten dafür relativ hoch. Das könnte sich aber in Zukunft ändern. Am Ende war unser Ziel nie, möglichst viele Kosten, sondern möglichst viel Energie zu sparen. Wir setzen auf die Sonne, denn wie Franz Alt ja in seinem Buch geschrieben hat, ist sie der einzige Energieproduzent, der keine Rechnung schickt.

Mit welchen Vorurteilen zur Passivbauweise hatten und haben Sie in Ihrem Freundes- und Bekanntenkreis zu tun? Konnten Sie diese ausräumen?

Albert Dietz: Ja, da gibt es sehr viele Geschichten. Ein Cousin von uns sagte zum Beispiel einmal: „Ich komme euch nur im Sommer besuchen, Ihr habt ja keine Heizung.“ Andere befürchteten, dass das warme Wasser zum Duschen nicht ausreicht. Alle, die uns anfangs im Winter besucht haben, kamen mit dicken Jacken und Wollpullovern an. Wenn man allerdings mit acht Leuten in einem Passivhaus sitzt, heizt schon jeder Mensch den Raum auf. Wenn man dann in der Küche noch kocht, fangen die ersten spätestens nach der Vorspeise an, den Wollpullover auszuziehen. Zum Dessert sitzen alle im T-Shirt da. Denn plötzlich sind es 23-24 °C im Raum, ohne dass man „zugeheizt“ hat.

Haben Sie im Lauf der Jahre irgendwelche Verbesserungen an Ihrem Passivhaus vorgenommen?

Albert Dietz: Nein. Nur die Heizmöglichkeiten haben wir nach und nach optimiert. Wir haben hier und dort noch zwei Wandheizkörper eingebaut, einen Heizlüfter und einen Heizstrahler im Bad installiert und für den Sommer einen Lüfter eingebaut. Denn im Holzhaus wird es auch im Sommer schneller warm.

Gibt es Tipps, die Sie aus Ihrer langjährigen Erfahrung im Passivhaus haben und die Sie anderen interessierten Bauherren geben können? Was würden Sie heute anders machen?

Albert Dietz: Man muss sich in jedem Fall vorher damit auseinandersetzen, wie ein Passivhaus funktioniert und bereit sein, ein wenig zu experimentieren. Das kann beispielsweise bedeuten, dass verschiedene Räume unterschiedlich beheizt werden. So kann man alle Systeme optimal ausnutzen und den Energieeinsatz minimieren. Am besten ist es, man schaut sich vorher mal ein Passivhaus an. Es gibt jedes Jahr im November die Tage des Passivhauses, an denen man bundesweit einige Häuser besichtigen kann. Das ist die kritische Zeit, in der es wenig Solarenergie gibt, aber viel geheizt werden muss. Hier kann man also die volle Leistung eines Passivhauses am besten kennenlernen.

Steckbrief:

Baujahr: 2007/2008

Standort: Niederdürenbach, Verbandsgemeinde Brohltal, Kreis Ahrweiler

Bauherren: Jutta und Albert Dietz

Baubeginn: 22.11.2007

Fertigstellung (Einzug): 24.07.2008

Gebäudetyp: Einfamilienhaus / Passivhaus

Wohnfläche: 176 m² (+ 61 m² Keller)

Planung und Betreuung:

  •  raum für architektur, Kay Künzel, Nicole Wolff (Architekt:innen)
  •  Holzbau Kappler (Holzbau-Fertigung und Montage)
  •  Maurermeister Axel Seul (Rohbau)
  •  Dachdeckermeister Stephan Schüller (Dach)

Materialien:

  • Wände: Fichtenbalken, OSB-Platten, DHF-Platten, Dämmstoff aus Zellulose, Fermacell-Platten   
  • Keller-Rohbau: Stahlbeton
  • Fenster: Dreifachverglaste Fenster mit Gasfüllung (Argon)
  • Dach: Dichtungsbahnen aus Kunststoff, Fließstoff, Kies, Stahlträger für PV-Anlage


KfW Standard: Passivhaus (entspricht etwa KfW 40-Standard)

Heizung: Wärmepumpe, Flächenheizkörper, Heizstrahler, Bio-Ethanol-Kamine

Lüftung: Frischluftsystem, zentrales Abluftsystem mit integrierter Warmwasserbereitung

Energieverbrauch nach Passivhausstandard: 15 kWh/qm/a